Archiv der Kategorie: Rückschau

Februar 2012: Moritz Hauptmann, Louis Vierne, Zoltán Kodály

Plakat Hauptmann Kodaly Vierne

Sa, 4. Februar 2012, 20 Uhr, Heidelberg, Christuskirche
So, 5. Februar 2012, 19 Uhr, Weinheim, St. Laurentius

Mitwirkende
Doris Steffan-Wagner (Sopran),
Joachim Vette (Orgel)
Konzertchor Dilsberger Kantorei
Leitung: Markus Karch

Moritz Hauptmann (* 1792 in Dresden, † 1868 in Leipzig), war Komponist, Musiktheoretiker und Geiger. Seine Ausbildung erhielt er u.a. bei Ludwig Spohr, mit dem ihn später eine tiefe Freundschaft verband. Einige Jahre lebte Hauptmann in Russland, wo er hauptsächlich privaten Musikunterricht erteilte. Im Jahr 1842 wurde Moritz Hauptmann auf Empfehlung von Felix Mendelssohn Thomaskantor und Musikdirektor in Leipzig. Gemeinsam mit Otto Jahn gründete er 1850 die Bach-Gesellschaft, die er viele Jahre leitete. Hauptmanns theoretische Schriften erregten seinerzeit großes Aufsehen, seine Werke und sein Wirken sind heute jedoch weitgehend in Vergessenheit geraten. In unserem Konzert hören Sie Moritz Hauptmanns Messe f-moll für Chor a cappella, die er 1820 komponierte.

Louis Victor Jules Vierne (1870-1937) wurde mit einer schweren Sehbehinderung geboren. Mit sieben Jahren erlangte er ausreichend Sehkraft, um sich im Alltagsleben selbständig orientieren zu können. Im Alter von elf Jahren trat Vierne in das Pariser Blindeninstitut ein, wo er Klavier-, Violin- Orgel- und Kompositionsunterricht erhielt. Sein Studium am Conservatoire de Paris schloss er mit Auszeichnung ab. 1900 wurde er zum Titularorganisten an Notre-Dame ernannt. Nach einem Beinbruch musste Vierne seine Pedaltechnik neu erlernen, erkrankte später an Typhus, dann an grünem Star und erblindete schließlich völlig. Trotzdem unternahm er Konzertreisen durch Europa und die USA. Vierne starb 1937 während eines Orgelkonzerts am Spieltisch seiner Orgel in Notre-Dame an einem Gehirnschlag. Von Louis Vierne führen wir die im Jahre 1900 komponierte Messe Solennelle cis-moll für Chor und Orgel auf.

Zoltán Kodály (1882-1967) war ein ungarischer Komponist, Musikpädagoge und Musikethnologe. Berühmt wurde er nicht nur durch seine Tätigkeit als Komponist, sondern auch durch seine Beschäftigung mit der ungarischen Volksmusik. Ab 1905 zog er über die Dörfer und sammelte dort das Liedgut der Landbevölkerung. Gemeinsam mit Béla Bartók publizierte er mehrere Sammlungen ungarischer Volksmusik. Kodály beschäftigte sich als Professor für Komposition an der Budapester Musikhochschule auch mit grundlegenden Fragen der musikalischen Ausbildung. Louis Vierne hat in seiner Messe das Credo nicht vertont. An dieser Stelle fügen wir in unserem Konzert das Credo aus der „Missa Brevis“ von Kodály ein, das er 1944 komponierte.

Juli 2011: Sommerserenade

Plakat Serenade 2011

Ein musikalisch-literarisches Zwei-Länder-Programm

Sa, 30. Juli 2011, Burgbühne Dilsberg
So, 31. Juli 2011, Altstadt Ladenburg

Sommerserenaden der Dilsberger Kantorei auf der Burgbühne Dilsberg und in der Ladenburger Altstadt
Spätestens seit der Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton kennt man auch den Komponisten John Rutter. Mit dem Auftragswerk „This is the day“ für die königliche Hochzeit wurde der sowieso schon berühmteste zeitgenössische englische Komponist auch einem großen Publikum bekannt. Rutter hat außerordentlich viel für Chor komponiert, auf eine Weise modern, die nicht „schräg“ sondern schön klingt. Sein Werk „The sprig of thyme“ (Der Tymianzweig) lieferte die Programm-Idee der Sommerserenade, die der Konzertchor Dilsberger Kantorei am 30. und 31.7. auf der Burgbühne Dilsberg im Neckartal und an der Wehrmauer der Römerstadt Ladenburg anbot.

Rutter hat in seinem Werk einfache englische, irische und schottische Volkslieder unter Verwendung der Originalmelodien in höchst attraktiver Weise neu in Musik gesetzt. Begleitet wird der Chor dabei von einem kleinen Orchester. Ähnlich interessante Neuvertonungen gibt es auch von aktuellen und alten (teilweise vergessenen) deutschen Liedern, insbesondere interessant die Realisierungen von Helmut Barbe. Dirigent Markus Karch hat darauf aufbauend ein „Zwei-Länder-Programm“ zusammengestellt mit Musik und Lyrik aus Deutschland im ersten Teil und englischer Musik im zweiten Teil. Dorothee Grieshammer, die die Texte liest, steuert im zweiten Teil die Übersetzungen der englischsprachigen Chorstücke bei. Für die Lyrik-Passagen im ersten Teil hat Dorothee Grieshammer vorwiegend Gedichte von Klabund (1890-1928) und Mascha Kalèko (1907-1975) ausgewählt.

Was die Musik betrifft, waren keineswegs nur Liedbearbeitungen zu hören. Der Bogen reichte im ersten Teil bis zu den Comedian Harmonists, im zweiten Teil bis zu den „Nonsens Songs“ von Mathias Seiber, bei denen es sich um Vertonungen höchst skurriler Limericks handelt. Zum Schluss gab es noch ein wenig Nachstimmung mit der „Primrose“, der „Nachtkerze“ von Benjamin Britten. Die Musikertruppe mit Maria Karch (Violine), Viktor Perschyk (Klarinette), Stefan Knust (Cello), Christian DellAndrea (Kontrabass) und Chorleiter Markus Karch am Piano bereicherten das Programm mit leichtfüßiger Salonmusik. Markus Karch untermalte zusätzlich die Textübersetzungen der englischen Lieder improvisierend am Klavier.

Der Eintritt zu den Serenadenkonzerten der Dilsberger Kantorei ist frei. Markus Karch und sein Chor möchten damit auch die Möglichkeit fördern, sich nur einen Teil des Programms anzuhören, was z.B. für Familien mit kleineren Kindern interessant sein dürfte – obwohl erfahrungsgemäß gerade Kinder schon ab 5 Jahren bei derartigen Programmen sehr gut durchhalten. Außerdem können potentielle Interessenten, die nicht so genau wissen, ob diese Art Programm das Richtige für sie ist, einfach mal „hineinschnuppern“ und entweder bleiben – oder auch wieder gehen.

März 2010: Schütz Johannespassion

Plakat Schuetz Johannespassion

Sa, 27. März 2010, 20.00 Uhr, Neckargemünd, kath. Stadtkirche
So, 28. März 2010, 19.00 Uhr, Weinheim, evang. Stadtkirche

Mitwirkende:
Barbara Mauch-Heinke (Violine)
Martin Steffan (Evangelist)
Jochen Braunstein (Jesus)
Ingo Wackenhut (Pilatus)
Konzertchor Dilsberger Kantorei
Leitung: Markus Karch

Die Johannespassion von Heinrich Schütz hat mit etwa vierzig Minuten Aufführungsdauer eine angenehme Länge, ist allerdings etwas zu kurz für ein ganzes Konzertprogramm. Deshalb habe ich für den heutigen Abend ergänzende Chorwerke ausgesucht, die inhaltlich und musikalisch auf die Passion hinführen.

Der schlichte Eröffnungsgesang “Herr, höre meine Worte … denn ich will vor Dir beten” mündet in ein Agnus Dei (“Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt”) von Palestrina, dem wir ein gregorianisches Agnus voranstellen. Während das Agnus schon die zentrale Bedeutung der Passion benennt (Christus ist am Kreuz gestorben, um die Menschen zu erlösen), wird dieser Gedanke mit der Ostersequenz „Victimae paschali laudes“ weitergeführt: Die Auferstehung ist finales Ziel und Sinn der Passion. Die dann folgenden Chorsätze von Lotti („Fürwahr, er trug unsre Krankheit und trug unsre Schmerzen“) und Schütz („Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen Sohn dahin gab, auf daß alle …das ewige Leben haben“) beleuchten noch einmal mit anderen Worten die Bedeutung der Leidensgeschichte.

Ergänzt und bereichert wird dieser Programmteil durch Musik für Violine Solo. Barbara Mauch-Heinke spielt die Passacaglia g-moll von Heinrich Ignaz Franz Biber sowie zwei Sätze aus der Sonate a-moll von J. S. Bach.
Die Berichte vom Sterben Jesu und der vorausgehenden dramatischen Geschehnisse sind die ausführlichsten und die ältesten Texteinheiten unserer vier Evangelien, die nicht zuletzt ihrer Nähe zu den berichteten Ereignissen wegen durch Dramatik und Erzähldichte gekennzeichnet sind. Sie bilden die textliche Grundlage für die musikalische Ausformung in der Gattung der Passionen, die sich seit dem Ende des 14. Jahrhunderts – aus den szenischen Passionsspielen herausgewachsen – in Frankreich nachweisen lassen. Eine besondere Art dieser Musikgattung stellt die so genannte Responsorische Passion dar, ein Wechselgesang zwischen Evangelist, Einzelstimmen und Chören. Die erste deutschsprachige Passion wird Johann Walter (um 1530), einem Freund Martin Luthers, verdankt. Johann Walter schuf für den Text der Lutherbibel einen deutschen Passionston in Anlehnung an den römisch-lateinischen Passionston.

Die bekanntesten Responsorischen Passionen des 17. Jahrhunderts stammen von Heinrich Schütz (1585-1672), der in Köstritz bei Gera geboren wurde und in Weißenfels aufwuchs. Seine musikalische Laufbahn verdankt er dem Landgrafen Moritz von Hessen, der ihm ein Stipendium zum Musikstudium in Italien bei Giovanni Gabrieli, dem größten Meister der älteren venetianischen Schule, gewährte. Nach dreijähriger Studienreise kehrte Heinrich Schütz nach Deutschland zurück und leitete über fünf Jahrzehnte die Dresdner Hofkapelle, damals das führende Orchester in Deutschland. In Italien hatte er von der um 1600 aufkommenden Reform der Komposition profitiert und lernte dort nicht nur die Regeln des neuen monodischen, einstimmigen begleiteten Gesangs, sondern auch die Kunst des vielstimmigen und mehrchörigen Tonsatzes.

„Das Leiden unseres Herren Jesu Christi, wie es beschreibet der heilige Evangeliste“, mit diesem im 15./16. Jahrhundert liturgisch üblichen Text, der die Quellenangabe für das folgende Werk feierlich verkündet, lässt Schütz seine drei Passionen (Lukas 1653, Matthäus und Johannes 1666) beginnen, die in den Gottesdienst am Dresdner Hof liturgisch eingebunden waren. Die heute aufgeführte Leidensgeschichte (SWV 481) folgt dem Passionsbericht bei Johannes.
Der Evangelist rezitiert die Ereignisse, Jesus und andere Einzelpersonen führen in dialogischer Form durch die Handlung. Der Chor artikuliert die diversen Gruppen: die fragenden Jünger, die apodiktisch urteilenden Hohenpriester, die aufgehetzte Menge und die spottenden, zynischen Kriegsknechte. Gerade die Schlichtheit des unbegleiteten, psalmodierenden Gesangs der Solisten verbunden mit der dramatischen Kraft und Lebendigkeit der Chöre, die aus kurzen und prägnanten Motiven aufgebaut sind, entfaltet eine packende Wirkung, die auch noch den heutigen Hörer zu beeindrucken vermag.

Januar 2010: Johann Sebastian Bach und seine Familie

Plakat J.S. Bach und seine Familie

J. S. Bach und seine Familie

Sa, 30. Januar 2010, Providenzkirche Heidelberg
So, 31. Januar 2010, St. Laurentius Weinheim
Sa, 19. Juni 2010, Schlosskirche Mannheim

Werke von Johann Christoph, Johann Sebastian, Wilhelm Friedrich, Carl Philipp Emanuel und Johann Christoph Friedrich Bach

Mitwirkende

Sabine Goetz, Sopran
Barockensemble „Neumeyer Consort“, Frankfurt
Konzertchor Dilsberger Kantorei
Leitung: Markus Karch

Johann Sebastian und seine Familie
Konzertchor Dilsberger Kantorei: „Chorkonzert zum Jahresbeginn“ in Heidelberg und Weinheim

Bei einer Umfrage, wer wohl zu den größten Komponisten aller Zeiten gehört, wird neben Mozart, Beethoven, Verdi oder Wagner schnell auch der Name „Johann Sebastian Bach“ auftauchen. Nicht ganz so bekannt ist die Tatsache, dass der Name „Bach“ für eine ganze Dynastie von Stadtmusikern, Organisten und Komponisten steht. In Erfurt beherrschte die Familie Bach das musikalische Leben über knapp zwei Jahrhunderte derart, dass noch am Ende des 18. Jahrhunderts alle Stadtpfeiffer „Bache“ genannt wurden.

Für das traditionelle „Chorkonzert zum Jahresbeginn“ der Dilsberger Kantorei in Heidelberg und Weinheim, das in diesem Jahr am 30. und 31. Januar stattfinden wird, hat sich Dirigent Markus Karch in das dichte Gestrüpp der Bachschen Familiennamen eingearbeitet. Geplant ist ein Konzertprogramm mit Werken von Johann Sebastian Bach, seinen Onkeln und seinen Söhnen. Chorwerke, Solokantaten und Instrumentalstücke werden – wie in den Konzertprogrammen von Markus Karch üblich – so zusammengestellt, dass die Stücke nicht einzeln nebeneinander stehen, sondern als „neues Ganzes“ wirken.

Die Ursprünge der Familie Bach liegen in Ungarn. Von dort floh im 16. Jahrhundert der Bäcker Veit (Vitus) Bach wegen seines lutherischen Glaubens nach Thüringen. Veit Bach ließ sich im thüringischen Dörfchen Wechmar nieder, um wieder seinem Beruf als Bäcker nachzugehen. Sein Sohn Johannes übernahm vom Vater das Bäckerhandwerk und die Liebe zur Musik. In der nächsten Generation finden sich die ersten Organisten und Stadtmusikanten, tätig in Erfurt, Eisenach und Arnstadt. Als Urenkel Veit Bachs wird 1645 Johann Christoph Bach, der Vater Johann Sebastians geboren. Mit den Söhnen von Johann Sebastian beginnt schließlich die Vorklassik, der große Stilwechsel, der auf Mozart und Beethoven hinführt.

Somit wird im „Konzert zum Jahresbeginn“ der Dilsberger Kantorei auch der Epochenwechsel vom Barockzeitalter zur Klassik zu hören sein. Ein im Ganzen sehr bekömmliches Programm mit schöner Musik in vielen Besetzungsvarianten, auf das sich sowohl der ungeübte Klassikhörer wie auch der Kenner jetzt schon freuen kann. Es singt der Heidelberger Konzertchor „Dilsberger Kantorei“ unter der Leitung von Markus Karch. In kleiner Besetzung musiziert das Neumeyer-Consort auf historischen Instrumenten, als Solistin wird die bekannte Sopranistin Sabine Goetz zu hören sein.

November 2009: Anton Vögele, Passion

Plakat Voegele Passion

„Passion“ von Anton Vögele
7. November 2009, 20 Uhr, Peterskirche Heidelberg
8. November 2009, 20 Uhr, evang. Stadtkirche Schriesheim

Oratorium für Sprechersolisten, Sprechergruppen, Chor und Orchester

Mitwirkende

Massoud Bayan (Jesus)
Tom Hartmann (Verführer)
Kammerphilharmonie Nordbaden
Konzertchor Dilsberger Kantorei
Sprechregie: Maja Klees, Dirigent: Markus Karch

Ein Konzert mit Orchester und Chor – und trotzdem ganz anders.

Es beginnt mit einer Schellenrassel, Schritten, ein paar Streicherklängen. Dann eine Musik, die an israelische Folklore erinnert. Außer Chor und Orchester stehen noch eine ganze Menge Leute mit schwarzen Mappen auf der Bühne, die offensichtlich nicht mitsingen. Kurz danach wird klar: Eine Sprechergruppe erzählt die Geschichte dieser Passion!

Und damit sind wir bei einer der großen Besonderheiten der Komposition: Die Geschichte, um die es geht, wird gesprochen. Und dies nicht nur von einzelnen Sprechern, sondern weitaus häufiger von einer ganzen Sprechergruppe. Oft unterstützt vom Orchester, in dem die Percussions-Instrumente mit Tambourin, Rassel, Castagnetten, Trommel, Bongos, Gong, Glocken usw. im Vordergrund stehen.

Die Musik ist untermalend, illustrierend, ein bisschen wie in einem Film. Dort, wo es inhaltlich passt, ziemlich schräg, manchmal sogar brutal, an anderen Stellen schön, weich, fast sentimental. Die Musik, so schreibt der in Bammental bei Heidelberg lebende Komponist, „soll das Atmosphärische der einzelnen Bilder lebendig werden lassen und die Aussagekraft des Textes in den sprachlosen Raum verlängern.“

Anton Vögele hat eine Musik geschrieben, die jeder verstehen kann, egal ob Klassik-Fan oder Popmusikhörer. Es war ihm wichtig, gerade diejenigen Zuhörer zu erreichen, die sich mit moderner Musik schwer tun.

Das Anliegen des Werkes ist emotionales Ergriffenwerden und Provokation zugleich: “Das Oratorium soll im Hörer die Haltung bestärken, sich mit Gewalt und Unrecht nicht abzufinden, sondern leidenschaftlich dagegen anzugehen. Passion bedeutet ja nicht nur Leiden, sondern auch Leidenschaft.

Stimmen zum Konzert
Rezension im Mannheimer Morgen

Sprecherpartitur
Noten der anderen Art: Sprecherpartitur

Januar 2009: W. A. Mozart, Große Messe c-Moll

Plakat Mozart c-moll-Messe

Samstag, 7. Februar 2009, 20:00 Uhr, Heidelberg, Peterskirche
Sonntag, 8. Februar 2009, 19:00 Uhr, Weinheim, St. Laurentius am Marktplatz

Mitwirkende
Sabine Goetz, Alison Browner u. a.
Kammerphilharmonie Nordbaden
Konzertchor Dilsberger Kantorei
Dirigent: Markus Karch

Das 1775 entstandene Misericordias Domini ist ein satztechnisch virtuoses Bei­spiel für Mozarts Beschäftigung mit dem Kontrapunkt, dem „stile antico“, den er als 14-jähriger in Italien bei Padre Martini kennenlernte.

Neben einer offensichtlichen Demonstration kontrapunktischen Könnens des gerade 19-jährigen Komponisten zeigt das Werk eindrucksvoll Mozarts Sinn für dramaturgische Gestaltung – und dies auch mit klassischen Mitteln, die den „stile antico“ kontrastieren oder mit ihm verschmelzen. Das wiederkehrende homophon-ruhige „Misericordias Domini“ (die Barmherzigkeit des Herrn) bildet den Rahmen für die polyphone Durchführung des „Cantabo in aeternum“ (singen wir in Ewigkeit). Als weiteres Gestaltungselement gibt es eine zweite Erscheinungsform des „Misericordias“-Textes: Hier singt der Chor zu einer ausgesprochen klassischen Begleitung den Text choralartig auf einem einzigen Ton. Im Verlauf des Werkes erfindet Mozart wie beiläufig immer neue fugenartige „Mini-Themen“ und steigert so die Komplexität der polyphonen Durchführung. Aber auch die ruhigen Teile werden durch eher unauffällige, aber dennoch überraschende harmonische Wendungen gesteigert.

Die kontrapunktische „Ausgangslage“ des Misericordias führte zu der Idee, Werke von Johann Sebastian Bach auszuwählen, um unserem heutigen Konzertprogramm einen Rahmen zu geben. Die „Kunst der Fuge“ ist Lehrwerk und Meisterwerk zugleich. Das Alterswerk des großen Barockmeisters führt so zum Jugendwerk des großen klassischen Komponisten – was sich besonders gut anbietet, weil beide Werke in der gleichen Tonart, in d-moll stehen. Mit dem „Adagio“ aus Bachs Violin-Sonate g-moll wird in schöner Harmoniefolge der Übergang geschaffen zum c-moll der Mozart-Messe.

Glücklicherweise bietet die unvollendete Form der c-moll-Messe einen sinnvollen Wechsel zwischen ruhigen und bewegten Teilen, zwischen Chorsätzen und solistischen Abschnitten. So fügt sich das „Sanctus“ durch den hohen Kontrast musikalisch sinnvoll an das traumhaft schöne „Et incarnatus“ an, obwohl die restlichen Teile des „Credo“ fehlen.

Das einzige Problem: Nach dem ausführlichen Solistenquartett des „Benedictus“ endet das Konzert etwas unbefriedigend mit der (traditionell üblichen) Wiederho­lung eines äußerst kurzen Hosanna-Teils. Die Lösung, das zum „Agnus“ umge­baute „Kyrie“ zu wiederholen, entspricht der Tradition kleinerer Messkom­positionen. In dieser umfangreichen Komposition hätte Mozart jedoch mit Sicher­heit neue musikalische Ideen entwickelt, um die Affekte des „Agnus“ umzusetzen.

Aus diesem Grund erschien es mir sinnvoller, auf eine solche Zutat zu verzichten und den Chor am Ende des Werkes durch eine vollständige Wiederholung des „Hosanna“ noch einmal angemessen zu Wort kommen zu lassen.

Markus Karch

Pressestimmen

„Den Wechsel von knorrigem Dunkel in den moll-Sätzen wie etwa dem „Kyrie“ und dem hell aufstrahlenden Dur-Jubel setzte der Dirigent äußerst eindrucksvoll um.“ RNZ, 12. Februar 2009

„Diese Aufführung setzte Maßstäbe“ RNZ, 11. Februar 2009

„Seriöse Arbeit, penibel eingehaltene Tempi, hochkarätige Sänger und ein nobles, abgerundetes Orchestertimbre verliehen der gut eineinhalbstündigen Aufführung Bestnoten.“ RNZ, 11. Februar 2009

„Zupackend, mit Esprit und einem mächtigen Klangbild gelang Markus Karch als souveränem Dirigenten eine Maßstäbe setzende Aufführung. (…) Selbst der liebe Gott müsste eigentlich mit dieser Art Votivgabe für Constanze Mozart zufrieden sein.“ RNZ, 11. Februar 2009

„eine gelungene, leichtfüßige, von Spielfreude geprägte Interpretation der „Großen Messe in c-moll.“ Weinheimer Nachrichten, 11. Februar 2009

„eine Bravourleistung“ Weinheimer Nachrichten, 11. Februar 2009

„Die offensichtliche Freude am Musizieren übertrug sich nachhaltig auf die Zuhörer“ Weinheimer Nachrichten, 11. Februar 2009

„Die Dilsberger Kantorei beglückte mit Leichtigkeit und kraftvoller Klangfülle“ Weinheimer Nachrichten, 11. Februar 2009

„Ein beeindruckend warmes und über alle Stimmgruppen ausgewogenes Klangbild kennzeichnet das Ensemble“ Weinheimer Nachrichten, 11. Februar 2009

„Wunderbar.“ Weinheimer Nachrichten, 11. Februar 2009